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Lost Place: Graue Konsum-Maus soll wiederbelebt werden

Historisches
  • Erstellt: 13.12.2024 / 18:01 Uhr von Marcus Alert / Reiner Heublein
Seit gut drei Jahrzehnten wird der riesige Konsumkomplex in der Wilhelmsdorfer Straße 63 so gut wie nicht mehr genutzt, das heute denkmalgeschützte mausgraue Karree steht mittlerweile komplett leer. Die Anlage ist jedoch weitgehend vollständig erhalten. Im ehemaligen Lagerbereich befand sich die Bäckerei - erkennen lassen das heute noch geflieste Stellen zwischen den Toren. Zwischen Lager und Bäckerei befand sich ursprünglich ein flacher, vermutlich als Küche genutzter Zwischenbau. Hinzu kamen das Wäscherei-Gebäude sowie ein zweites Lagergebäude. Von der Straße aus sind das dreigeschossige Verwaltungsgebäude, das Pförtner- und das Wohnhaus gut zu erkennen.

Im Jahre 1929 hatte der 1889 gegründete hiesige Konsumverein Vorwärts eGmbH das kostengünstige Grundstück, es lag am damaligen Stadtrand, erworben. Dort wurde auf 20.000 Quadratmetern nach Plänen des Hannoveraners Rudolf Schröder (1874-1929) im späten Bauhaustil eine Zentrale für ihre Genossenschaft gebaut. Die Eröffnung fand am 1. Oktober 1930 statt. Der neue Komplex ersetzte das alte Kontor in der Steinstraße 23 und die Bäckerei in der Friesenstraße 6/7.

Der Consum-Verein „Vorwärts“ wurde 1889 gegründet. Zur Gründung zählte der Verein etwa 800 Mitglieder. Er hatte seine ersten zwei Geschäfte in der Neustädtischen Heidestraße 58 und in der Plauer Straße 13. Verkauft wurden Lebensmittel, Herrengarderobe und sogar Braunkohle. Im Jahr 1900 kam eine Konsumsparkasse hinzu. 1903 hatte die Genossenschaft 1994 Mitglieder, die in dem Jahr für 821000 Mark einkauften. Die Zahlen stiegen ständig. Mitte der 1920er Jahre kamen eine Großbäckerei und Konditorei hinzu. 1934 wurde aus dem Verein eine „Verbrauchergenossenschaft“ und am 1. April 1942 überführte man die Genossenschaft in das „Gemeinschaftswerk der Deutschen Arbeiterfront“. Damit war der Verein enteignet.

Am 10. Mai 1945 war der Konsum wieder am Start und so wurden in der Stadt wieder ein Dutzend Verkaufsstellen eröffnet. Neben Lebensmittelläden wurden auch Gaststätten und Kaufhallen im Stadt- und Landkreis betrieben. Letzten Endes gab es kaum ein Dorf, in dem es keinen Konsum gab. Weitere Beispiele für die Geschäftstätigkeit sind die Konsum-Waffelfabrik oder die Möbelhäuser in der Jakobs- und der Bäckerstraße.

Da die Konsumgenossenschaften private Unternehmen waren, ausschließlich ihren rund 4,5 Millionen Mitgliedern gehörten und im Einigungsvertrag schlichtweg vergessen wurden, fielen sie nach 1990 nicht in den Zuständigkeitsbereich der Treuhandanstalt. 1994 wurde die Immobilie der Potsdamer Warenhandessgesellschaft AG i.A. i.L. zugeordnet. Eine Tochter der Prinz von Preußen Grundbesitz AG, die Wilhelmsdorfer Gärten GmbH & Co. KG, erwarb im Jahr 2022 das Gelände. Sie will in dem bestehenden Komplex gut 100 Wohneinheiten schaffen. Der hintere Bereich ist nicht denkmalgeschützt, dort sollen anstelle der DDR-Lagerhallen Reihen- und Doppelhäuser entstehen. Zur Bahnlinie hin ist eine Hochgarage vorgesehen. Die Planungen werden vom Architektenbüro AKM aus Berlin begleitet. Der Investor rechnet mit einer Investition von 30 Millionen Euro.

Bilder

Ein Konsum-Laden in der Bäckerstraße. Foto: Archiv Alert
Der Komplex in der Wilhelmsdorfer Straße benötigt mehr als nur etwas frische Farbe. Foto: Alert
Das Innere des Karrees ist mittlerweile völlig verwaist. Foto: Alert
Der Plan der Konsumzentrale aus dem Jahre 1930. Repro: Alert
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