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Lost Place: Die Wusterau mit dem Ehrenfriedhof

Historisches
  • Erstellt: 20.11.2024 / 20:01 Uhr von Marcus Alert
Im Frühjahr 2000 wurde die Halbinsel Wusterau für die Öffentlichkeit gesperrt, da kurz zuvor bei einer Bodenuntersuchung flächenhaft gesundheitsgefährdende Schadstoffe festgestellt wurden. Weitere Maßnahmen sollten ergriffen werden. Doch wirklich passiert ist bis heute nichts, was Naturschützer wohl auch nicht bedauern. Doch auf der Halbinsel befindet sich auch ein Ehrenfriedhof, auf dem während des 2. Weltkrieges verstorbene sowjetische Zwangsarbeiter beigesetzt wurden. Laut dem Einigungsvertag ist die Bundesrepublik verpflichtet, derartige Stätten zu erhalten. Die Verseuchung des Bodens begann unmittelbar nach Ende des 1. Weltkrieges.

Im Versailler Vertrag wurde festgelegt, dass Deutschland entmilitarisiert werden musste. Zuerst wurde das in der benachbarten Fabrik produzierte Pulver entsorgt. Doch die Reichstreuhand AG ließ auch Restbestände der Armee auf die Insel schaffen. Umweltfragen waren damals kein Thema. Riesige Mengen lagerten in einem Gebäude im hinteren Drittel der Halbinsel. Sprengkapseln und Zündhütchen wurden geradezu in Akkord vernichtet.

Das war dann allerdings am 27. Juli 1922 vorbei. Gegen 14.50 Uhr explodierte das gesamte Lager mit etwa sechs Millionen Zündkapseln und Zündhütchen. Die gewaltige Druckwelle zerstörte sogar noch einige Fenster in Neuendorf. Es folgten zwei weitere Explosionen, ehe die Feuerwehr anrückte. Bis in die späten Abendstunden wütete ein Heidebrand. Bei der Explosion kam der Vorarbeiter Karl Eckert ums Leben. Verletzt wurden Hermann Göbepfennig, August Schwarz und Ferdinand Bensch.

Während des 2. Weltkrieges wurde die Halbinsel als Friedhof genutzt. 85 sowjetische Zwangsarbeiter, die in Kirchmöser arbeiten mussten, darunter auch einige Kinder, fanden hier ihre letzte Ruhestätte. 1949 wurde der Ehrenfriedhof mit dem Obelisken angelegt und dazu die Gebeine an diesen Ort umgebettet. Auf Tafeln wurden alle Namen verewigt. Einmal jährlich gab es eine feierliche Kranzniederlegung. Ansonsten kam man nicht auf die Wusterau, da die Halbinsel zum militärischen Sperrgebiet erklärt wurde. Bis 1966 nutzten die kasernierte Volkspolizei, das in Kirchmöser stationierte Pionierbataillon der NVA und auch die Kampfgruppen der Brandenburger Betriebe die 63,4 Hektar große Halbinsel – durch den sogenannten Panamakanal ist die Wusterau eigentlich eine Insel - als Übungsgelände. Sie robbten durch den Sand und buddelten Schützengräben. Im nördlichen Bereich wurde in dieser Zeit ein Sprengübungsplatz eingerichtet. Auch diese Nutzung hinterließ natürlich Spuren.

Auf dem Verbrennungsplatz wurden im Dezember 1999 bis auf eine Tiefe von zwei Metern erhebliche Kontaminationen durch Kupfer und Quecksilber ermittelt. Seit Ende 2002 ist Wusterau Bestandteil des Naturschutzgebietes Buhnenwerder-Wusterau. Seitdem herrscht in der Stadt das Motto, dass der Naturschutz wichtiger ist als das Interesse, sich auf der Halbinsel aufzuhalten. Doch ist da ja noch der Ehrenfriedhof. Eine Umbettung kostet – auch wegen der Kontamination - viel Geld und die Idee, ein Denkmal außerhalb von Wusterau zu errichten, wurde von der russischen Botschaft abgelehnt. Und seit dem Überfalls Russland auf die Ukraine herrscht in dieser Angelegenheit sowieso Funkstille. Zumindest wurden die Namensplatten und der Sowjetstern frühzeitig geborgen.

Bilder

Die Stadt Brandenburg warnt vor dem Betreten der Halbinsel. / Foto: Alert
Der Obelisk benötigt dringend eine Sanierung. / Foto: Alert
Der "Panamakanal" trennt die Halbinsel vom Festland. / Foto: Alert
Auf der Fläche, wo die Restbestände vernichtet wurden, wächst bis heute nichts. / Foto: Alert
Der Ehrenfriedhof auf der Wusterau bröckelt seit Jahren vor sich hin. Foto: Alert
Auf einem alten Foto ist die Anlage noch im ursprünglichen Zustand zu erkennen. / Foto: Archiv Alert
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