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Schon gewusst? Dieser Zaun kam als Kriegsbeute aus Lüttich nach Kirchmöser!

Historisches
  • Erstellt: 25.11.2024 / 07:02 Uhr von Marcus Alert
Etwas versteckt existieren heute noch in Kirchmöser Reste des sogenannten Lüttich-Zaunes. Der alte belgische Festungszaun blieb auf einigen Hundert Metern jedoch lediglich am Ufer des Plauer Sees erhalten und steht wie viele andere Objekte in Kirchmöser unter Denkmalschutz. Allerdings nagt der Zahn der Zeit längst an diesem außergewöhnlichen Zaun.

Der stählerne Zaun ist eine Kriegsbeute, die 1914 in Lüttich durch das Heeresamt des deutschen Kaiserreiches demontiert und anschließend in Kirchmöser aufgebaut wurde. Er umschloss die Königlich-Preußische Pulverfabrik bei Plaue. Diese entstand ab Januar 1915 in der Regie des kaiserlichen Heeresamtes in einem besonderen Bautempo. 400 Fabrikbauten und 172 Wohnungen wurden in etwa einem Jahr aus dem Boden gestampft. Wegen der Produktion für den Krieg mussten die Produktionsstätten besonders gesichert werden. Zum Sicherheitskonzept zählte auch der abschreckend wirkende Zaun. Der dürfte übrigens per Bahn von Lüttich nach Kirchmöser transportiert worden sein.

In der im Jahre 1999 an der Technischen Universität Berlin verfassten Diplomarbeit zur Industrieansiedlung in Kirchmöser von Sebastian Kinder findet sich zum „Lüttichzaun“ folgende Aussage: „Die Nebenanlagen, die Voraussetzung für die Absicherung der kompletten Infrastruktur und der Inbetriebnahme der Pulverfabrik waren, umfassten 15 Kilometer Straßen, 13 Kilometer Normalspurgleise, 19 Kilometer Schmalspurgleise, 77 Kilometer Rohrleitungen für die Wasserleitung und Entwässerung, 13,5 Kilometer Kanäle für Dampf- und Kabelleitungen und 10 Kilometer Umwehrung, die neu angelegt werden mussten. Dafür diente ein Festungszaun, den die Heeresleitung eigens aus Lüttich/Liege (Belgien) als sogenanntes Beutegut lieferte“.

Um Lüttich waren in den Jahren 1880 bis 1890 als Verteidigungsring zwölf moderne Festungen gebaut worden. Dazu gehörten auch die Zaunanlagen, die aufgrund ihrer massiven Konstruktion nur schwer zu überwinden waren. Die Eroberung der Stadt vom 4. bis 16. August 1914 war die erste größere Angriffsoperation des deutschen Heeres im 1. Weltkrieg (1914-1918). Dabei wurden auch die Festungen zum Teil schwer zerstört. Zumindest die Zäune wurden geborgen.

Nach der Übernahme der ehemaligen Pulverfabrik durch die Deutsche Reichsbahn 1920 veränderte sich die Infrastruktur in Kirchmöser grundlegend. Durch die Ausgliederung einzelner Teilflächen aus dem unmittelbaren Werksgelände wurde die Umzäunung in einigen Teilen Kirchmösers hinfällig und in der Folgezeit verschrottet. Letztlich blieb nur das eine Teilstück erhalten.

Bilder

Der Zaun kam als Kriegsbeute nach Kirchmöser. Foto: Alert
Der Zaun kam als Kriegsbeute nach Kirchmöser. Foto: Alert
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