Bei den Verkehrsbetrieben fallen in den letzten Monaten regelmäßig Bus- und Bahn-Fahrten aus, eilig müssen dann korrigierte Fahrpläne veröffentlicht werden, damit die Brandenburger davon erfahren und umplanen können. Doch was sind die Gründe und wie lässt sich das Problem beheben? Meetingpoint hat bei Verkehrsbetriebe-Chef Jörg Vogler nachgefragt. Er erläutert im Detail die Ursachen und gibt eine Prognose ab, ab wann die Havelstädter mit Besserung rechnen können.
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Meetingpoint: Welche Maßnahmen haben die VBBr ergriffen (beziehungsweise werden sie ergreifen), um hier für Besserung zu sorgen?
Jörg Vogler: Wir haben aktuell bereits 6 Fahrer mehr im Unternehmen, als wir Stellen (Soll 98) haben. 22 weitere Mitarbeiter der VBBr, die nicht Fahrerin oder Fahrer sind, jedoch über einen Fahrbefähigung verfügen, übernehmen derzeit mindestens einmal wöchentlich neben ihren eigentlichen Aufgaben Fahrdienste. Zudem haben wir auch noch 2 Rentner unter Vertrag, die uns im Fahrdienst aushelfen.
Zusätzliche Arbeit der Fahrer über ihre vertragliche Arbeitszeit hinaus, wird bei den VBBr besonders vergütet. Zeitweise wurden 75 Euro extra für einen zusätzlichen Dienst neben der tariflichen Überstundenvergütung angeboten. Die Anzahl der vom Fahrpersonal zusätzlich geleisteten Dienste hat sich dadurch nicht wesentlich verändert. Fast alle Fahrer sind nach 2 Jahren Corona sehr erschöpft, legen richtigerweise viel Wert auf ihre notwendige Erholung und haben deshalb auch kein Interesse an Überstunden. Damit geht dem Unternehmen in der Gesamtbetrachtung jedoch die Flexibilität verloren, auf überhohe Krankenstände zu reagieren. Auch eine Urlaubssperre würde beispielsweise nicht helfen, weil die Fahrer diese Erholung brauchen, andernfalls noch häufiger krank werden, und die ggf. gesperrten Urlaubstage ja in 2022 dann noch zeitgleich zu den ohnehin geplanten Urlauben nachgeholt werden müssten.
Wir bemühen uns sehr um weitere Fahrer.
- Die VBBr werden zum 1.7.2022 zwei weitere Fahrer befristet (Das Stellensoll ist bereits überschritten.) einstellen.
- Zum 1.12.2022 werden wir eine neue Fahrerin einstellen, die zunächst begleitet von der Arbeitsagentur und den VBBr Ihren Bus-Schein macht.
- Zum 1.9.2022 werden wir mindestens 2 Auszubildene als Berufskraftfahrer einstellen.
- Wir werden kurzfristig „Straßenbahnfahrer“ ohne die Zugangsqualifikation eines Bus-Scheines ausschreiben. Das ist für die VBBr neu und wird uns noch in 2022 voraussichtlich mindestens 5 neue Fahrer bringen, die dann allerdings nur auf der Straßenbahn eingesetzt werden können.
Sind die Personalausfälle krankheitsbedingt oder gibt es nicht besetzte Stellen im Fahrerteam?
Jörg Vogler: Die Ausfälle sind krankheitsbedingt, heute 19 Fahrer (Stand Mittwoch, Anm. der Red.).
Es gibt keine unbesetzte Stelle im Fahrerteam.
Im Stellen-Soll ist ein durchschnittlicher Krankenstand von ca. 8 % abgebildet. Unser Krankenstand von Januar bis April 2022 war jedoch fast 22 %. Heute ist unser Krankenstand 18 %.
Ein angenommener durchschnittlicher Krankenstand von ca. 8 % ist nach den Erfahrungen aus 2021 und 2022 bei der Bemessung des zukünftigen Personal-Solls wohl nicht mehr geeignet, um eine störungsfreie Leistungserbringung sicherzustellen. Hier muss/wird eine Korrektur erfolgen.
Gab es vergleichsweise lange Beeinträchtigungen des Fahrplans durch Personalausfälle auch in den vergangenen Jahren?
Jörg Vogler: Nein, vergleichsweise Beeinträchtigungen sind aus den Vor-Corona-Zeiten nicht bekannt.
Wann rechnen Sie damit, dass der Fahrplan wieder wie vorgesehen bedient werden kann?
Jörg Vogler: Ich rechne mit einer leichten Besserung in den nächsten Wochen, auch weil einige Langzeiterkrankte in den Fahrdienst zurückkehren. Mit einer deutlichen Verbesserung rechne ich erst ab September 2022.
Die aktuelle Situation beschäftigt uns alle in den VBBr sehr und steht an Priorität 1.
Bei den Fahrgästen kann ich mich nur für deren anhaltende Unannehmlichkeiten aufrichtig entschuldigen.