Sammeln, liegen lassen, wieder entdecken: die Kunst von Wolfgang Kießler ist durchzogen von Fragmenten und Bruchstücken, die auf den 'richtigen' Zeitpunkt warten (müssen), bis er den Dingen die magische Qualität zuerkennt, die er selbst in einem Bild oder einer Grafik sieht.
Dem Goetheschen Dr. Faust ähnlich beobachtet, erforscht und überdenkt Kießler stets aufs Neue die Themen unserer Welt, die oft etwas abseits des Mainstream Eingang in sein Leben und sein Interesse finden. Und so vielfältig wie die Themen, sind auch die Materialien mit denen er arbeitet: auf schönen, auch selbst handgeschöpften Papieren entstehen mit schwarzer Tusche die möglichen Antworten auf die sich ihm stellenden Fragen. Da wird aus einer hölzernen Nachkriegskiste vom Dachboden plötzlich ein aus der Wand ragendes Objekt und überrascht den Betrachter mit der Frage: Nun, was ist aus mir geworden?
Die Freude und Lust am Versuchen neuer Werkzeuge ist in den Tiefen seines Ateliers überall erspürbar: von Holzschnitten und Frottagen, Kalligrafien, Collagen, Drucken, Aquarellen, Tuschezeichnungen und Acrylbildern über Xerographien, die er Anfang der 1990er Jahre in einem Brandenburger Copyshop anfertigte bis hin zu filigranen, selbst erdachten und gebauten 1-saitigen Musikinstrumenten, die der Erforschung der Klangqualitäten der Zwischentöne dienen, finden sich hier die Ergebnisse der Arbeit eines Rast- aber nicht Ruhelosen. Von Kießlers Arbeiten geht eine selten gewordene, angenehme Stille und Nachdenklichkeit aus.
Nach einer regen Ausstellungstätigkeit in den 1990er Jahren zog sich der in der Stadt Brandenburg geborene Wolfgang Kießler nach der Jahrtausendwende aus der Öffentlichkeit zurück und widmete sich ganz seinen künstlerischen und geschichtlichen Forschungsarbeiten. Umso schöner ist es nun für den Freundeskreis der Kunsthalle Brennabor, eine Auswahl von rund 120 Werken des Künstlers aus dem Zeitraum von 1965 bis 2023 in der Kunsthalle Brennabor zeigen zu können, wie sie nie zuvor zu sehen war.